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Unterabschnitte

Strahlungslehre

Man muss zwischen Modell, auch physikalischem Modell, und Gesetz unterscheiden: Modelle sind Erklärungsversuche, z.B. Thesen vor der Ausführung eines physikalischen Experimentes, Gesetze sind Beschreibungen der Realität, die durch Experimente geprüft worden sind und von denen man behaupten kann, dass sie in der Realität gelten; zumindest gibt es keinen Gegenbeweis. Noch nicht in allen Einzelheiten experimentell überprüfte Modelle bezeichnet man auch als Theorien. Modelle gelten meist nur in gewissen Bereichen. Auch Gesetze erlauben Näherungen (z.B. vergleiche klassische Mechanik mit Quantenmechanik).

In der Computergrafik genügen meist Modelle.

Geometrische Betrachtungen

Geometrie an der Objektoberfläche

vecnot

$\vec{E}$ Vektoren eines Koordinatensystems
$\vec{H}$ ,,Halbvektor`` zwischen $\vec{L}$ und $\vec{V}$
$\vec{L}$ Vektor in Richtung einer Lichtquelle
$\vec{N}$ Normalenvektor einer Ebene
$\vec{R}$ Reflexionsvektor an einer Ebene
$\vec{T}$ Transmissionsvektor an einer Ebene
$\vec{V}$ Vektor in Richtung des Betrachters (view)
$\delta$ Polar-,Divergenzwinkel (zwischen $\vec{X}$ und $\vec{N}$)
$\varphi$ Azimut, Rotationswinkel (zwischen ,,Vektorebene`` und 1. Koordinatenachse)

Es gilt je nach betrachtetem Vektor $\vec{X}$


\begin{displaymath}\cos\delta = \langle \vec{X},\vec{N}\rangle
= \frac{\vec{X}\cdot\vec{N}}{\vert\vec{X}\vert\;\vert\vec{N}\vert} \end{displaymath}


\begin{displaymath}\cos\varphi = \langle \vec{X}\times\vec{N},\vec{E_x}\rangle \end{displaymath}

Raumwinkel


\begin{displaymath}\Omega = A / r^2 \end{displaymath}

wobei $A$ eine Teiloberfläche auf einer Kugel mit Radius $r$ ist, die durch den betrachteten Winkels aufgespannt wird ( $4\pi = 4\pi r^2 / r^2$ entspricht der gesamten Kugel), entspricht Bogenmaß im Zweidimensionalen.

Um den Raumwinkel unabhängig von einem Radius $r$ zu machen, betrachten wir ein durch $\delta$ und $\varphi$ aufgespanntes Koordinatensystem, d.h. die Menge

\begin{displaymath}\{(\delta,\varphi) \vert \delta\in[0,\frac{\pi}{2}] \mbox{~und~}
\varphi\in[0,2\pi]\} \end{displaymath}

beschreibt eine Halbkugel, oder einen Raumwinkel $\Omega=2\pi$.

Für einen differentiellen Raumwinkel $d\Omega$ gilt dann:

\begin{displaymath}d\Omega = \sin\delta\;d\delta d\varphi \end{displaymath}

was man durch folgende Abbildung einsieht

diffomega

Den Raumwinkel einer Halbkugel erhält man damit als

\begin{eqnarray*}
\Omega&=& \int_{H}d\Omega \\
&=& \int_{\varphi=0}^{2\pi}\in...
...0}^{\frac{\pi}{2}}
d\varphi \\
&=& 2\pi(0-(-1)) \\
&=& 2\pi
\end{eqnarray*}



Raumwinkelberechnung einer Kreisscheibe

kreisomega

Integriert man nicht über den gesamten Halbraum bezüglich $\delta$, d.h. man betrachtet nur einen Teilwinkel, der sich z.B. als Projektion einer Kreisscheibe $K$ auf die Hemisphere ergibt, erhält man

\begin{eqnarray*}
\Omega_K&=& \int_{\varphi=0}^{2\pi}\int_{\delta=0}^{\delta_K}
\sin\delta\;d\delta d\varphi \\
&=& 2\pi(1-\cos\delta_K)
\end{eqnarray*}



Betrachte Kreisscheibe $K$ mit Radius $r_s$ im Abstand $r_0$ vom Beobachtungspunkt; die Projektion auf die Einheitskugel liefert Polarwinkel $\delta$

\begin{displaymath}\delta = \arctan(\frac{r_s}{r_0}) \end{displaymath}

somit

\begin{displaymath}\Omega_K = 2\pi(1-\cos(\arctan(\frac{r_s}{r_0}))) \end{displaymath}

was auch der Formel

\begin{displaymath}A = 2\pi h \end{displaymath}

als Oberfläche eines Einheitskugelsegments der Höhe $h$ entspricht.

Liegt nun die Kreisscheibe weit vom Beobachtungspunkt entfernt, d.h. $r_0$ ist wesentlich größer als $r_s$, kann man die Näherung

\begin{displaymath}\delta \approx \sin\delta \approx \arctan(\frac{r_s}{r_0})
\approx \frac{r_s}{r_0} \end{displaymath}

verwenden und man erhält:

\begin{eqnarray*}
\Omega_K&\approx& \int_{\varphi=0}^{2\pi}\int_{\delta=0}^{\fr...
...{r_0}}
\delta\;d\delta d\varphi \\
&=& \pi\frac{r_s^2}{r_0^2}
\end{eqnarray*}



Nun ist aber $\pi r_s^2$ gerade die Fläche der betrachteten Kreisscheibe, d.h. man kann kleine Raumwinkel, die sich als Projektion einer Fläche $A$ ergeben, durch die Projektionsfläche in der Betrachterebene dividiert durch den quadratischen Abstand annähern:

\begin{displaymath}d\Omega \approx \frac{\langle \vec{W},\vec{N}(A)\rangle \;A}{r_0^2} \end{displaymath}

Diese Näherung wird bei der sogenannten Radiosity-Methode verwendet.

Strahlungsarten

Man kann folgende Strahlungsarten mit den entsprechenden Koeffizienten unterscheiden, dabei bedeutet ein dicker Pfeil gerichtete Strahlung und dünne Pfeile diffuse Strahlung.

strahlung1

gerichtete Emmisionsrate $\epsilon_s$ directional emissivity
diffuse Emmisionsrate $\epsilon_d$ hemisperical emissivity
gerichtete Absorptionsrate $\alpha_s$ directional absorptivity
diffuse Absorptionsrate $\alpha_d$ hemisperical absorptivity

strahlung2

gerichtete Reflexionsrate bei gerichteter Immision $\rho_s$ bidirectional spectral reflectivity
gerichtete Reflexionsrate bei diffuser Immision $\rho_d$ directional-hemispherical reflectivity
diffuse Reflexionsrate bei gerichteter Immision   hemispherical-directional reflectivity
diffuse Reflexionsrate bei diffuser Immision   hemispherical reflectivity

Wie die einzelnen Koeffizienten berechnet werden und welche in der Computergrafik eine Rolle spielen, sehen wir in den folgenden Ausführungen.

Definitionen

Strahler

Die Strahlungsstärke ist eine Eigenschaft des Strahlers und unabhängig von der Entfernung eines möglichen Beobachters. Ist $dJ/d\Omega$ konstant, handelt es sich um einen isotropen Strahler, der in alle Richtungen die gleiche Strahlungsleistung abgibt. Es gilt dann:

\begin{displaymath}\Phi = J\;\Omega \end{displaymath}

also für den gesamten Raum

\begin{displaymath}\Phi = 4\pi\;J \end{displaymath}

Isotrope Strahler kommen jedoch kaum vor, da Strahler eine Geometrie besitzen und jedes Flächenstück $dS$ des Strahlers einen Teil zur Gesamtstrahlungsleistung $\Phi$ beiträgt (in großen Entfernungen können jedoch auch nicht-isotrope Strahler als isotrope Strahler modelliert werden, z.B. Sonnenlicht oder vereinfachte Punktlichtquellen)

Gilt nun, dass die Strahlungsstärke eines Flächenstücks $dS$ nur von der Beobachtungsrichtung $\cos\delta=\langle \vec{W},\vec{N}(S)\rangle $ gemäß

\begin{displaymath}J(\delta) = B\;dS\;\cos\delta \end{displaymath}

abhängt, wobei $B$ eine Konstante, nämlich die Strahldichte des Flächenstücks, ist, dann nennt man den Strahler auch Lambert-Strahler.

Die Strahlungsleistung des gesamten Flächenstücks (in einen Halbraum) beträgt dann

\begin{eqnarray*}
\Phi&=& \int_H J(\delta)\;d\Omega \\
&=& \int_H B\;dS\cos\de...
...ft[\frac{1}{2}\sin^2\delta\right]^{\pi/2}_{0} \\
&=&\pi\;dS\;B
\end{eqnarray*}



Bestrahlte Fläche

Herrscht auf einem Flächenstück $dE$ der Strahlungsfluss $d\Phi$, bezeichnet $D$ die Intensität (Strahlungsflussdichte) auf dem Flächenstück mit

\begin{displaymath}D = \frac{d\Phi}{dE} \end{displaymath}

Dies ist letztendlich das, was in der Computergrafik dargestellt werden soll. Dabei wird meistens der Abstand zwischen der Projektionsebene und dem Objekt nicht mehr berücksichtigt, d.h. auf dem Bildschirm wird das Objekt mit der Intensität dargestellt, die das Beleuchtungsmodell (für fotorealistische Darstellung) auf dessen Oberfläche berechnet.

Oder anders: Den Gesamtfluss, der auf einer Fläche herrscht, erhält man als Oberflächenintegral

\begin{displaymath}\Phi = \int_A \vec{D} d\vec{E} \end{displaymath}

Spätestens hier erkennt man, dass man eigentlich mit gerichteten Größen operieren muss, was wir aus Vereinfachungsgründen unterlassen haben.

Analog kann man die spezifische Ausstrahlung $R$ (oder Intensität des Strahlers) definieren, die die von einem Oberflächenstück $dS$ abgegebene Strahlungsleistung spezifiziert.

\begin{displaymath}R = d\Phi / dS \end{displaymath}

Nochmal:

Interaktion: Strahler und bestrahlte Fläche

Betrachten wir einen Strahler, der ein Flächenstück $dE$ aus einem Raumwinkel $\Omega$ von hinreichend weiter Entfernung beleuchtet. Dieses erscheint dem Strahler als Raumwinkel

\begin{displaymath}d\Omega_E = \frac{dE}{r_0^2}\cos\delta_E \end{displaymath}

wobei $r_0$ der Abstand zwischen Strahler und Fläche ist und $\delta_E = \langle \vec{L},\vec{N}(E)\rangle $ der Verkürzungsfaktor.

Nehmen wir nun an, dass die Strahlungsstärke $J(dS)$ des Strahlers in dem Bereich annähernd konstant ist, folgt für den Strahlungsfluss bezüglich des Flächenstücks $dE$

\begin{eqnarray*}
d\Phi&=&J(dS) d\Omega_E \\
&=&J(dS)\frac{dE}{r_0^2}\cos\delta_E
\end{eqnarray*}



Handelt es sich um einen Lambert-Strahler, gilt weiterhin:

\begin{displaymath}J(dS)=BdS\cos\delta_S \end{displaymath}

wobei $\delta_S=\langle \vec{W},\vec{N}(S)\rangle $ die Beobachtungsrichtung der Lichtquelle ist.

Wir erhalten also für den Strahlungsfluss der Fläche $dE$

\begin{displaymath}d\Phi = B \frac{dSdE}{r_0^2} \cos\delta_S\cos\delta_E \end{displaymath}

oder für die Intensität

\begin{eqnarray*}
D&=&\frac{d\Phi}{dE} \\
&=&B\frac{dS}{r_0^2}\cos\delta_S\cos\delta_E \\
&=&Bd\Omega_S\cos\delta_E
\end{eqnarray*}



d.h. die Intensität folgt ebenfalls dem Lambertschen Kosinus-Gesetz, jetzt bezüglich des Winkels zwischen Lichtquelle und Oberfläche. Dabei wird mit einem Lambert-Strahler aus einem Raumwinkel $d\Omega_S$ bestrahlt, der eine Strahldichte $B$ hat.

Fassen wir nochmals die Bedingungen für die Näherungen zusammen:

Obige Gleichungen sind eigentlich auch von der Wellenlänge abhängig, d.h. vorallem die Intensität steht mit der Wellenlänge in Zusammenhang.

Gesetze

Das Lambertsche Gesetz wurde schon bei der Interaktion zwischen Strahler und bestrahlter Fläche erläutert. Es besagt, das die Intensität bzw. die Strahlungsstärke nur vom Kosinus des Betrachtungswinkels abhängt.

Es gilt einerseits das Reflexionsgesetz:

\begin{displaymath}\delta_l=\delta_r\qquad(=\delta) \end{displaymath}

sowie das Snellsche Gesetz:

\begin{displaymath}\frac{\sin\tau}{\sin\delta}=\frac{n_1}{n_2} \end{displaymath}

snell

Die Brechungsindizes sind von der Wellenlänge abhängig, d.h. man muss das Gesetz mit $n(\lambda)$ formulieren. Sind die Materialien nicht isotrop bezüglich der elektromagnetischen Eigenschaften, ist der Brechungsindex sogar komplex, d.h. abhängig von $\phi$.

Ab einem gewissen Eintrittswinkel tritt Totalreflexion auf, d.h. der Strahl aus dem dichteren Medium (größerer Brechungsindex) kann nicht mehr in das dünnere Medium eindringen.

total

Dies tritt genau dann ein, wenn für den Eintrittswinkel $\delta$ gilt:


\begin{displaymath}\sin\delta\geq \sin\delta_g = \frac{n_1}{n_2}\qquad(n_2 > n_1) \end{displaymath}

Die Fresnelschen Gleichungen sind speziell für die Modellierung von Metallen wichtig:

\begin{eqnarray*}
\rho_d(\delta)&=&\frac{1}{2}(\rho_{\Vert}+\rho_{\bot}) \\
&...
...c)^2}{(g+c)^2}
\left(1+\frac{(c(g+c)-1)^2}{(c(g-c)+1)^2}\right)
\end{eqnarray*}



Wobei für die letzte Zeile gilt:

\begin{eqnarray*}c &=&\cos\delta \\
g^2 &=&\left(\frac{n_1}{n_2}\right)^2+c^2-1
\end{eqnarray*}



$\rho$ ist natürlich von der Wellenlänge abhängig, da der Brechungsindex von dieser abhängt. Der Zusammenhang zwischen $\delta$ und $\tau$ ist über das Snellsche Gesetz gegeben. In der zweiten ``oder''-Gleichung wird der Winkel $\tau$ im Gegensatz zur bisherigen Definition auch gegen den Normalenvektor gemessen, der Winkel ist also größer als 90 Grad. Im andern Fall muss das Vorzeichen von $\cos\tau$ negiert werden.

Als Spezialfälle erhält man:

\begin{displaymath}\delta=0:\qquad\rho(0)=\left(\frac{n_2-n_1}{n_2+n_1}\right)^2 \end{displaymath}

Ist das dünnere Medium Luft, vereinfacht sich die Gleichung weiter zu

\begin{displaymath}\delta=0,n_1=1:\qquad\rho(0)=\left(\frac{n_2-1}{n_2+1}\right)^2 \end{displaymath}

Hat man den Brechungsindex $n$ in Abhängigkeit von der Wellenlänge gegeben, kann man $\rho$ bestimmen. Sind Messwerte für $\rho(0)$ vorhanden, kann man damit erst den Brechungsindex des Materials bestimmen und daraus schließlich $\rho(\delta)$ berechnen.

Das Snellsche Gesetz und die Fresnelschen Gleichungen sind hier nur für den Fall von isotropen Medien angegeben. Handelt es sich um ein Material mit komplexem Brechungsindex, d.h. senkrecht und parallel zur Grenzfläche verlaufende Wellenanteile werden unterschiedlich gebrochen bzw. transmittiert, ergeben sich komplexe Ausdrücke. Diese lauten für den einfachen Fall, dass aus einem Medium mit reellem Brechungsindex $n\approx 1$ (Luft) eine Welle auf ein Medium mit komplexem Brechungsindex $n-\iota\kappa$ trifft ($\kappa$ heißt auch Extinktionskoeffizient):

\begin{eqnarray*}
\frac{\sin\tau}{\sin\delta}&=&
\frac{1}{n-\iota\kappa} \\
...
...-2a\cos\delta+\cos^2\delta}
{a^2+b^2+2a\cos\delta+\cos^2\delta}
\end{eqnarray*}



wobei gilt:

\begin{eqnarray*}
2a^2&=&\sqrt{(n^2-\kappa^2-\sin^2\delta)^2+4n^2\kappa^2}
+(n...
...pa^2-\sin^2\delta)^2+4n^2\kappa^2}
-(n^2-\kappa^2-\sin^2\delta)
\end{eqnarray*}



Der Reflexionskoeffizient ergibt sich bei unpolarisiert einfallendem Licht analog zu oben als Mittelwert der beiden Werte $\rho_{\Vert}$ und $\rho_{\bot}$.

Ist das Verhältnis $\kappa/n\ll1$ kann weiter genähert werden:

\begin{displaymath}a=n\qquad\mbox{und}\qquad b=k \end{displaymath}

womit sich obige Gleichungen weiter vereinfachen.

Im Folgenden wird der Reflexionskoeffizient aufgrund der Fresnelschen Gleichungen mit $F_{att}$ abgekürzt.


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© 2004/2005, A. Formella & D. Fellner, Universität Braunschweig